Episode: ArbeitsmarktSERVICEbesuch

Das Ganze fing vor einigen Wochen an mit "Sei für alles gewappnet und erkundige dich frühzeitig". Meine Erinnerung an meine letzten AMS-Besuche war glücklicherweise verblasst oder soll ich lieber sagen verdrängt?


Um 11Uhr sollte ich heute also einen Beratungstermin bei Frau N. wahrnehmen. Schwitzend kam ich also nach einiger Sucherei und 4 Minuten zu spät im zweiten Stock an. Die Atmosphäre war ruhig, Sonnenlicht drang schüchtern durch die Gebäudefenster. Nach einigen Minuten der Stille wurde ich etwas nervös. Von vorherigen Besuchen wusste ich: An Türen klopfen, auf denen geschrieben steht "Bitte erst nach Aufforderung eintreten", ist nett formuliert unerwünscht. Ich fragte also den Herren, der mit mir ebenfalls dort wartete, ob ich schon ausgerufen worden sei. Er verneinte und schlug mir daraufhin vor, eventuell doch zu klopfen. Ich wagte mein Glück, klopfte und steckte mutig meinen Kopf durch die Türe. Schnell wurde mir mitgeteilt, dass Frau N. nicht am Platz und Ihre Vertretung in einem anderen Raum zu finden sei. Weitere Fragen wurden abgewürgt. - Wagemutig wiederholte ich das Procedere bei Tür Nummer 2. Ein Herr blickte von seinem Arbeitsplatz mit den Worten "Waaaaooos?" und einem Todesblick auf. Ich erklärte, dass ich zur Vertretung von Frau N. müsse und mein Termin um 11 sei. In diesem Moment klinkte sich die Dame hinter Waaaaooos ins Gespräch ein und erfragte meinen Namen, um mir alsbald zu versichern, dass ich keinen Termin um 11 hätte, sondern erst einmal in den 1. Stock müsse. Das Gespräch schloss sie mit den Worten "Können Sie etwa nicht lesen?"


Im ersten Stock angekommen, nahm ich gleich die erste offenstehende Türe und erklärte mein Anliegen. Der Herr, der gerade Zeitungsartikel ausschnitt, erklärte mir daraufhin, dass ich meinen Termin verabsäumt hätte, ich nun folglich ins Erdgeschoss müsse, um mir einen neuen geben zu lassen. Wenig hoffnungsvoll teilte ich ihm mit, dass ich bereits im 2. Stock gewartet hätte. Er warf kurz einen Blick auf seinen Computer und erklärte mir daraufhin lächelnd, dass ich ein Glück hätte, da er erst 15 Minuten später den nächsten Kunden erwarte. Ich wiederholte das Wort "Glück" in meinem Kopf mantraartig.


Ich schloss die Türe und nahm Platz. Er erfragte daraufhin eine Terminvereinbarung mit meiner Sachbearbeiterin (Frau N.) und trug die Daten in mein Formular ein, das ich zum nächsten Termin ausgefüllt mitbringen solle. Währenddessen tastete mein Blick ein Büro ab, das eigentlich für zwei ausgelegt gewesen wäre. Über das ganze Büro erstreckte sich ein Teppich von nicht domestizierten DINA4-Blättern und ausgeschnittenen Zeitungsartikeln. Auf der Fensterbank erblickte ich ein hartes Stück Baguette und Teile der ausgeschnittenen Artikel fanden sich an seiner Pinnwand wieder. Hätte ich dem *PARDON* präpotenten Sesselfurzer nicht noch einige Fragen von mir aus gestellt, die er mehr schlecht als recht beantworten konnte - er verwies mich auf die Sachbearbeiterin und alle anderen Serviceeinrichtungen innerhalb und außerhalb des Hauses - wäre diese Formularübergabe mein einziger Grund für diesen Termin gewesen. Während unseres Gespräches ließ er mich dann noch wissen, dass es ja sehr viele Leute in Österreich gäbe, die im Gegensatz zu mir noch keinen einzigen Euro in die Sozialkassen eingezahlt hätten und die gleichen Sozialleistungen wie ich bekämen. Ich verkniff mir, ihn zu fragen, wieso er meine, selbst ein sinnvolles Mitglied dieser Gesellschaft zu sein...


Ich habe mir dann noch im Erdgeschoss einige Infobroschüren geschnappt, wurde dort sogar menschlich behandelt und verließ den Laden mit dem Wissen, dass ich mir nicht nur den Rest selbst checken müsse, sondern auch nichts aber auch gar nichts mit diesem Saftladen zu tun haben wolle. meine Vorstellung von Hölle ist jedenfalls eine Mischung aus Job Center, Sozialamt und Zahnreinigung.